Deutschlands Probleme mit der Energiewende

Deutschlands Energiewende: Eine vollständige Versorgung aus erneuerbaren Energiequellen ist derzeit ein unrealistisches Ziel. Daher wäre es unklug, auf die Nutzung von Erdgas zu verzichten, zumal es nur geringe Auswirkungen auf die CO2-Bilanz hat.

Deutschland steht vor einer großen Herausforderung, die sich in zwei Zahlen zusammenfassen lässt: Dem Gesamt Endenergieverbrauch von 2.500 Terawattstunden pro Jahr stehen nur 180 Terawattstunden aus Wind- und Sonnenenergie gegenüber. Diese erhebliche Diskrepanz wurde bisher vor allem durch die Nutzung fossiler Brennstoffe und von Kernkraftwerken ausgeglichen. Die Nutzung der Kernenergie in Deutschland wird jedoch aus berechtigten Gründen bis Ende 2022 eingestellt. Auch der schrittweise Ausstieg aus der Nutzung von Kohle und Öl im Verkehrs- und Bausektor ist bereits im Gange, was mit erheblichen finanziellen Aufwendungen verbunden ist.

Deutschlands Energiewende
Foto von Philipp Katzenberger – Unsplash

Was bleibt angesichts dieser Überlegungen, um die Lücke zwischen 2500 und 180 Terawattstunden zu schließen? Die Potenziale von Biomasse und Wasserkraft gelten, auch aus politischen Gründen, als ausgeschöpft. Daher muss der Anteil der aus Wind- und Sonnenenergie gewonnenen Energie unbedingt weiter erhöht werden. Außerdem wird Erdgas, der letzte der fossilen Brennstoffe, noch viele Jahre lang eine entscheidende Rolle in der Energielandschaft spielen. Daher sind die aktuellen Forderungen nach einem Ausstieg aus der Nutzung von Erdgas nur schwer zu verstehen. In diesem Zusammenhang gewinnt die jüngst von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier vorgestellte Gasstrategie, die neue Perspektiven bietet, noch mehr an Bedeutung. Die Branche, die lange auf diese Initiative gewartet hat, blickt nun mit neuer Zuversicht in die Zukunft.

Verschwommene Perspektiven

Der stetige Zuwachs des Anteils der Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen hat die Aussichten vieler Beobachter getrübt. In der Tat stammten im ersten Halbjahr 2019 bereits mehr als 40 Prozent der Stromversorgung aus erneuerbaren Quellen, was eine außergewöhnliche Leistung darstellt. Doch während im Stromsektor erhebliche Fortschritte zu verzeichnen sind, tun sich andere Sektoren – wie Verkehr, Bauwesen, Industrie und Landwirtschaft – schwer damit, erneuerbare Energien ebenso schnell einzuführen.

Es ist wichtig zu betonen, dass nicht einmal der Stromsektor in unmittelbarer Zukunft eine ausschließlich nachhaltige Produktion erreichen wird. Selbst wenn die Kapazität von Windturbinen und Fotovoltaikanlagen maximiert wird, wird es immer wieder Zeiten geben, in denen der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Diese Pausen, die mehrere Wochen dauern können und sich jährlich wiederholen, werden auch mit der Energie, die an Tagen mit viel Wind und Sonne gespeichert wird, nicht aufgefüllt werden können.

Deutschlands Saisonale Speicherung und Energiewende

Die Vorstellung, dass man sich in diesen produktionsschwachen Zeiten auf die traditionelle Pumpspeicherung verlassen kann, ist eine Illusion.

Wenn man die gesamte in den deutschen Kraftwerken gespeicherte Energie gegen den Bedarf eines durchschnittlichen Wintertages aufrechnet, wird deutlich, dass sie nicht einmal eine Stunde Dunkelheit abdecken kann.

Auch der Verweis auf die Kapazitäten Norwegens bietet keine Lösung. Die Norweger brauchen den Strom vor allem für sich selbst; die beiden Unterseekabel zwischen Norwegen und Deutschland, von denen eines 2020 in Betrieb gehen soll, sind nur für die Deckung des Spitzenbedarfs im Inland ausgelegt.

Deutschlands Energiewende: Die Utopie geht weiter

Noch illusorischer ist es zu glauben, dass wir uns in der kühnen neuen Energielandschaft in Zeiten geringer Stromerzeugung aus Sonnen- und Windenergie auf die Batterien von Elektroautos verlassen können. Eine grobe Schätzung: Eine Million netzgekoppelte Elektroautos mit einer zu 50 % geladenen Batterie könnten den Energiebedarf Deutschlands für etwa 20 Minuten decken.

Zweifellos werden Batteriespeichersysteme – nicht nur die in Elektroautos – eine Schlüsselrolle in der zukünftigen Energieversorgung spielen. In begrenztem Umfang spielen sie diese Rolle bereits heute: Sie helfen, Schwankungen im Stromnetz auszugleichen. Doch eine flächendeckende Energieversorgung über Stunden, Tage oder gar Wochen mit Batterien ist heute noch ein Ding der Unmöglichkeit.

Eine Entscheidung, die schwer zu rechtfertigen ist

Damit kommen wir zum Thema Erdgas, das als der fossile Brennstoff mit den geringsten spezifischen CO2-Emissionen gilt. Erdgas ist unentbehrlich, wenn die Sonnenenergie nicht zur Verfügung steht und der Wind nicht weht, und wurde bis vor einigen Jahren sogar von Umweltpolitikern als idealer Partner der erneuerbaren Energien gepriesen. Im aktuellen Kontext löst man sich jedoch zunehmend von dieser Idee.

Ein Ausstieg aus dem Erdgas ist in der heutigen Situation nur schwer zu rechtfertigen, im Gegenteil: Die Stilllegung von Atom- und Kohlekraftwerken macht den Bau neuer Gaskraftwerke dringend erforderlich. Dies ist nicht zuletzt eine der zentralen Schlussfolgerungen der von der Bundesregierung eingesetzten Kohlekommission. Bei aller Begeisterung für den Klimaschutz muss man sich der unumstößlichen Realität stellen. Eine Zukunft ohne den Beitrag von Gas droht wirkungslos zu bleiben.

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